Erfolgreiche Notfall-Ablation bei lebensbedrohender Herzrhythmusstörung in der Klinik für Kardiologie und Angiologie am Klinikum Mittelbaden in Baden-Baden
Die Klinik für Kardiologie und Angiologie am Klinikum Mittelbaden konnte dank der im Spätjahr neu etablierten Elektrophysiologie erstmals auch in einer Notfallsituation einen Patienten mit einer elektrophysiologischen Untersuchung (EPU) und begleitenden Ablation bei einer therapierefraktären, lebensbedrohlichen Kammertachykardie (ventrikuläre Tachykardie) erfolgreich behandeln. Nach Angaben des Chefarztes, Dr. Matthias Merkel, litt der 69-jährige Patient bereits im Vorfeld unter schweren Herzproblemen. Aufgrund eines vorbestehenden Vorderwandinfarkts und einem damit einhergehenden Aneurysma im Bereich der Vorderwand des Herzens sowie immer wieder erneut auftretenden Herzrhythmusstörungen kämpfte der Patient bereits vor seiner notfallmäßigen Aufnahme mit einer eingeschränkten Herzfunktion.
Vor seiner Aufnahme verschärfte sich die Situation des Patienten zuhause zusehends bis hin zum Einsatz eines Notarztes, nachdem anhaltende Herzrhythmusstörungen die bereits beeinträchtige Herzfunktion weiter verschlechterten und der vor längerer Zeit implantierte Zweikammer ICD-Schrittmacher auch noch Stromstöße auslöste. Die lebensbedrohliche Ausgangslage machte die sofortige Einlieferung in die Notaufnahme des Klinikums Mittelbadens in Baden-Baden erforderlich. Nachdem dort alle medikamentösen Therapien wie auch der implantierte Defibrillator (ICD) versagten, entschloss sich das Kardiologen-Team kurzerhand zu einer notfallmäßigen EPU.
„Unter Verwendung eines hochauflösenden dreidimensionalen Mappingsystems haben wir die elektrische Aktivität des Herzens detailliert kartiert. Dabei konnten wir eine große Narbe im Bereich eines früheren Vorderwandinfarkts als Ursprung der gefährlichen Rhythmusstörung lokalisieren“, erklärt Merkel die Vorgehensweise. „In einem hochkomplexen Eingriff, der eine Punktion durch die Vorhofscheidewand hindurch und den Einsatz gekühlter Hochfrequenzenergie (RF) erforderte, wurden insgesamt 40 gezielte Ablationen durchgeführt, um die Störsignale im Herzgewebe zu eliminieren. Abschließend war keine erneute Auslösung der Tachykardie möglich“, verdeutlich der Chefarzt den erfolgreichen Ausgang der Intervention. Der implantierte Defibrillator konnte reaktiviert werden und musste in der Folge nicht mehr einspringen. Der Patient erholte sich nach dem Eingriff rasch und konnte bereits zwei Tage später in stabilem Zustand nach Hause entlassen werden.
„Mir geht es gut. Ich bin super drauf“, freut sich der Patient einige Zeit nach seiner Entlassung. Ich bin unglaublich dankbar, dass diese Behandlung hier in der Region nun endlich möglich ist. Das gesamte Team im Herzkatheterlabor hat großartige Arbeit geleistet“, so der Patient, der die medizinische und pflegerische Versorgung während des Eingriffs in den höchsten Tönen lobte.
Wichtige Erweiterung der regionalen Versorgung
Mit der erfolgreichen Durchführung solcher hochspezialisierten Eingriffe auch unter Notfallbedingungen unterstreicht die Klinik für Kardiologie und Angiologie ihre Position als wichtige Anlaufstelle für Herzrhythmusstörungen in der Region. „Die Etablierung der Elektrophysiologie ermöglicht es uns, schwerwiegende Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern und ventrikuläre Tachykardien gezielt zu diagnostizieren und zu behandeln“, erklärt der Klinikchef.
„Die Elektrophysiologie ist ein essenzieller Bestandteil der kardiologischen Versorgung“, betont der leitende Kardiologe. „Sie bietet uns die Möglichkeit, Leben zu retten und die Lebensqualität von Patienten deutlich zu verbessern.“
Mit dieser Erweiterung der regionalen Gesundheitsversorgung steht Patienten in Mittelbaden nun ein wichtiges medizinisches Behandlungsangebot zur Verfügung, das zuvor oft nur in weiter entfernten Zentren zugänglich war.
Diagnosen und Verfahrenstechniken
Die Elektrophysiologie bietet eine hochspezialisierte diagnostische und therapeutische Option für Patienten mit verschiedenen Herzrhythmusstörungen. Zu den häufigsten Diagnosen, die mittels Elektrophysiologie untersucht werden, zählen: Vorhofflimmern, AV-Knoten-Reentry-Tachykardien, Ventrikuläre Tachykardien oder das Wolff-Parkinson-White-Syndrom.
„Zur genauen Analyse der elektrischen Herzaktivität führen wir bei Bedarf ein elektrophysiologisches Mapping durch, bei dem die elektrischen Impulse des Herzens detailliert aufgezeichnet und analysiert werden. Dieses Mapping erfolgt vor allem dann, wenn die Quelle einer Herzrhythmusstörung genau lokalisiert werden muss, um anschließend eine gezielte Ablation durchzuführen. Das elektrophysiologische Mapping bietet uns die Möglichkeit, den Ursprung von Herzrhythmusstörungen im Herzen millimetergenau zu identifizieren“, erklärt Merkel.
Die angewandten Verfahren umfassen Hochfrequenzablationen, bei denen das krankhafte Gewebe durch gezielte Hitzeanwendung verödet wird, sowie die Kryoablation, bei der die Zellen durch Kälte zerstört werden. Diese Verfahren ermöglichen es, bei den meisten Patienten eine langfristige Verbesserung oder Heilung der Rhythmusstörungen zu erzielen.
Ablauf einer geplanten elektrophysiologischen Untersuchung
„Die elektrophysiologische Untersuchung erfolgt minimalinvasiv und wird bei uns in Balg in einem spezialisierten Herzkatheterlabor durchgeführt. Unter örtlicher Betäubung werden dünne Elektrodenkatheter über die Leistenvene bis zum Herzen vorgeschoben. Diese Elektroden messen die elektrischen Signale des Herzens und geben den Ärzten ein detailliertes Bild der Herzaktivität“, erklärt der Chefarzt den Ablauf und die Vorgehensweise der Untersuchung.
„Durch die Einführung dieser Technik können wir den gesamten Herzrhythmus in Echtzeit überwachen und eventuelle Störquellen genau lokalisieren“, so Merkel weiter. Sollte eine Rhythmusstörung erkannt werden, kann der Kardiologe im selben Eingriff eine Ablation durchführen, um das gestörte Gewebe zu veröden oder zu vereisen. Der gesamte Eingriff dauert je nach Komplexität der zugrunde liegenden Rhythmusstörung eine bis drei Stunden und erfordert meist nur einen kurzen, in der Regel zweitägigen stationären Aufenthalt.
Aktuelle Behandlungszahlen
Seit der Einführung der Elektrophysiologie im Spätjahr 2024 wurden bereits über 25 Eingriffe erfolgreich durchgeführt. Die hohe Erfolgsquote unterstreicht laut Merkel den Stellenwert dieser Technologie in der modernen Rhythmusbehandlung. „Unsere Patienten profitieren von diesen minimalinvasiven Eingriffen, die präzise und schonend durchgeführt werden und in der Regel eine dauerhafte Rhythmisierung ermöglichen. Wir freuen uns sehr, dass wir dieses interventionelle Verfahren nun erstmals auch unter Notallbedingungen erfolgreich durchführen konnten“, so der Klinikchef abschließend.
Text: Petra Geiger
Bilder: Petra Geiger